Von Sebastian Schulz
PLETTENBERG • Sechs Leinwand-Übertragungen und insgesamt über 4 000 Besucher - der SC Plettenberg hat den örtlichen Fußball-Fans zur Europameisterschaft wieder viele schöne Stunden beschert. Dennoch war die Resonanz nicht mehr so gut wie zum Beispiel noch bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren. Entsprechend gemischt fällt das Fazit von Cheforganisator Andreas Barnewitz aus. Im Interview mit Sebastian Schulz spricht er über ein verändertes Publikum, über neu erwachsene Konkurrenz und über einen unvergesslichen Abend.
Herr Barnewitz, sind Sie froh, dass die Europameisterschaft für die Deutschen jetzt vorbei ist?
Barnewitz: "Auf eine Art schon. Neben dem Beruf und der Saisonvorbereitung sechs Großveranstaltungen zu organisieren und durchzuführen - das schlaucht schon. Viele Helfer haben mir das Signal gegeben: >Gut, dass es jetzt vorbei ist.< Andererseits ist es natürlich schade. Zum Finale am Sonntag wäre es sicher proppevoll geworden."
Hat sich der Einsatz denn für den Verein gelohnt?
"Das kann ich noch nicht sagen. Die Rechnungen trudeln jetzt nach und nach ein. Aber die Zahlen sind mit Sicherheit nicht so gut wie vor zwei Jahren."
Woran lag es? 700 bis 850 Besucher sorgten zwar für einen stets vollen Alten Markt, aber das Niveau von der Weltmeisterschaft, als regelmäßig die Maximalgrenze von 1 000 Fans geknackt wurde, konnte diesmal nicht erreicht werden.
"Zum einen haben wir Konkurrenz bekommen. Viele Werdohler und Herscheider und womöglich auch der ein oder andere Plettenberger sind nach Lüdenscheid gegangen. Dann kam noch hinzu, dass der Modus der Vorrunde sehr unattraktiv war. Wenn sogar die besten Drittplatzierten weiterkommen, denken sich alle: >Wir kommen ja sowieso weiter<. Außerdem hat das Wetter nicht mitgespielt. Vor zwei Jahren hatten wir das Glück, dass das Auftaktspiel gleich so gut besucht war, dass wir die Eingänge vorzeitig schließen mussten. Das hatte Signalwirkung; die Leute wussten, dass sie immer frühzeitig kommen mussten."
Diesmal kamen erst viele unmittelbar vor Anpfiff...
"Ja, nicht nur das Verhalten hat sich verändert, sondern auch das Publikum insgesamt. Es waren diesmal ganz viele junge Leute da, vor allem viele junge Mädels. So ist auch das Konsumverhalten ein ganz anderes. Der Absatz von Cola, Fanta, Wasser ist gestiegen, der des Biers hat sich mehr als halbiert. Vielleicht ist das Public Viewing inzwischen für die Besucher von früher zu normal geworden."
Wie meinen Sie das?
"Das Public Viewing war immer etwas Besonderes, doch dieses Besondere geht langsam verloren. Ich bin auch nicht sicher, ob die öffentlichen Übertragungen in nächster Zeit noch weiterlaufen werden. Andererseits: Wenn sie nicht mehr veranstaltet werden würden, würden die Leute wahrscheinlich jammern."
Wird der SC Plettenberg zur Weltmeisterschaft 2018 in Russland wieder Leinwand-Übertragungen am Alten Markt organisieren?
"Wir können uns viele Gedanken machen, aber im Grunde sind wir ferngesteuert. Wir sind abhängig von der Genehmigung der Stadt oder des Haus-zur-Sonne-Besitzers. Wir müssen im Vorstand analysieren, ob es sich lohnt und wir brauchen wieder mindestens 65 Helfer - darunter brauchen wir gar nicht erst anfangen. Ich könnte mir aber schon vorstellen, dass wir es nochmal machen."
Was war Ihr persönlicher Höhepunkt?
"Ohne Zweifel das Viertelfinale gegen Italien. Die Leute waren emotional, angespannt und euphorisch - so wie vor zwei Jahren. So eine Stimmung entlohnt auch alle Helfer. Und man hat auch gemerkt, dass das Spiel an einem Samstagabend stattgefunden hat - alle waren locker und in Partystimmung. Das war unter der Woche nicht so. Daran sieht man, wie angespannt die Leute durch ihren Beruf sind."
Das war natürlich ideal.
"...aber leider ein Einzelfall. Alle anderen Spiele waren entweder unter der Woche oder Sonntagsabends um 21 Uhr, was auch ungünstig ist, weil montags alle wieder arbeiten müssen. Man sieht übrigens auch die Unterschiede, ob ein Spiel am Monatsende oder -anfang stattfindet. Gegen die Slowakei am 26. Juni hatten wir auffällig viele kleine Scheine und Kleingeld in der Kasse - als ob einige Besucher ihr letztes Geld zusammengekratzt hätten. Gegen Italien am 2. Juli waren dann umso mehr 50- und 100-Euro-Scheine in der Kasse."
Im Vorfeld wurde viel über das Thema Sicherheit gesprochen. Ist alles gut gelaufen?
"Wir mussten jedes Mal zehn Sicherheitskräfte vorhalten, was ganz klar überdimensioniert war, denn zusätzlich war ja auch die Polizei vor Ort. Ich glaube, wir waren der sicherste Ort zum Fußballgucken im ganzen Märkischen Kreis."
Gibt es noch etwas, das sie loswerden möchten?
"Danke an alle Helfer, die sich vorbildlich verhalten haben und dafür sorgen, dass der SC Plettenberg in der Stadt sehr positiv wahrgenommen wird. Danke an die Zuschauer, die immer nett und zuvorkommend an den Bierbuden waren oder beim Bechersammeln geholfen haben. Dass die Jugend von heute sich um nichts kümmern soll, war hier überhaupt nicht der Fall. Und auch ein Dank an die Hauptsponsoren, ohne die die Veranstaltungen gar nicht möglich gewesen wären." • sep